Verena Keßler: „Die Gespenster von Demmin“

Buchtipp – April 2021

Eine Coming of Age-Geschichte und ein weniger bekanntes Kapitel deutscher Geschichte. Die Autorin erzählt davon, wie die Vergangenheit die Gegenwart prägt, aber die Zukunft nicht bestimmen muss.

© Hanser Verlag

Die 15-jährige Larissa, Larry genannt, lebt mit ihrer Mutter zusammen in der Kleinstadt Demmin. Sie träumt davon, Kriegsreporterin zu werden und der Enge ihres Lebens zu entkommen. Die 90-jährige Nachbarin, Frau Dohlberg, hat als Kind die Tragödie von Demmin erlebt, ein Massensuizid am Ende des Zweiten Weltkriegs. Da das Leben allein immer beschwerlicher wird, soll sie in ein Seniorenheim ziehen. Beim Entrümpeln ihres Hauses kommen die Erinnerungen zurück. Verena Keßler verwebt geschickt die Geschichten dieser beiden Figuren. Feinfühlig und differenziert beschreibt sie die Gefühle und Gedanken des jungen Mädchens und der alten Frau. Schnell wird man als Leser/in in den Roman hineingezogen. Familiengeheimnisse und Traumata aus der Vergangenheit werden im Laufe der Handlung sichtbar, Keßler zeigt die Sprachlosigkeit, die oft damit einhergeht und die das Miteinander der Generationen prägt und erschwert. 

Der trockene, etwas morbide Humor der jungen Protagonistin verleiht dem Roman, trotz der beschriebenen Trostlosigkeit und der tragischen Ereignisse, Witz und Leichtigkeit. Ein starkes Debüt.

Verena Keßler, „Die Gespenster von Demmin“, Hanser Berlin, 2020