Rainer Wieczorek: "Tuba-Novelle"

Buchtipp – November 2015

Die "Tuba-Novelle" ist das mittlere Buch der drei Künstlernovellen von Rainer Wieczorek. Während in ihrem Mittelpunkt Musik und Literatur stehen, kreist "Der Intendant kommt" (2011) um das Theater. In "Zweite Stimme" (2009) steht die Bildende Kunst im Mittelpunkt.

Die Tuba-Novelle von Rainer Wieczorek erzählt humorvoll und feinsinnig von den Schwierigkeiten des Schreibens. Ihr Protagonist, ein Schriftsteller, erhält ein Aufenthaltsstipendium in einem kleinen Landhaus in Ussy-sur-Marne, dem Schreibrefugium Samuel Becketts. Dort soll er ein Essay über Beckett verfassen. Einen Anfang findet er schnell, aber dann geht es nicht weiter. Hervorgerufen wird seine Schreibhemmung durch eine akustische Störung: In das Haus gegenüber ist ein Musiker mit seiner Tuba eingezogen, der sich täglich im Spiel des nicht gerade dezenten Instruments übt. Das Tuba-Spiel hält den Stipendiaten zwar vom Schreiben ab. Aber genau diese Störung ist es auch, die ihn letztlich immer näher an Beckett und das Thema seines Essays heranführt, das schließlich zu einer Form findet, die angemessener nicht sein könnte.

Seine sprachliche Präzision erlaubt Rainer Wieczorek ein Höchstmaß an erzählerischer Ökonomie. Die Novelle umfasst nur 119 Seiten. Auf diesem knappen Raum gelingt ihm die Zusammenführung einer ganzen Bandbreite von Themen, die er kunstvoll komponiert. So bleibt etwa das Motiv der Störung nicht auf die täglichen Übungen des Tubisten beschränkt. Sie versetzen den Stipendiaten auch immer tiefer in seine Kindheit zurück, die durch einen musizierenden Vater bestimmt war, der seinem Sohn ständig vermittelte, nicht gestört werden zu dürfen. Und sie führen ihn an die Biografie Becketts heran, der den Bau einer Jagdhütte in seinem Garten durch einen Nachbarn als unzumutbare Störung empfand.

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