Veranstaltungs-Archiv

12.04.22 - 19.30 Uhr –

Jochen Schimmang „Laborschläfer“

Moderation: Thomas Schaefer

Rainer Roloff führt ein zurückgezogenes Leben. Fragte man ihn nach seiner Erwerbsbiografie, so würde er sich als „Privatgelehrter“ bezeichnen. Struktur bekommt sein Leben dank einer Langzeitstudie zum Einfluss des Schlafs auf das Gedächtnis, an der er als Proband teilnimmt. Dafür reist er regelmäßig von Köln nach Düsseldorf, selbst in Zeiten der Pandemie, um im Labor seine an das Aufwachen anschließenden Gedanken zu Protokoll zu geben.

?Roloff, ein Jahr älter als die Bundesrepublik, ist ein idealer und ergiebiger Proband, mit einem Elefantengedächtnis und Aufmerksamkeit für den Zusammenhang zwischen dem kollektivem Unbewussten und der individuellen Erinnerung. Dr. Meissner, der die Studie leitet, ist überwiegend sehr zufrieden mit dem, was sein Proband ihm in einer Mischung aus zeitgeschichtlicher und persönlicher Erinnerung und spielerisch-absurder Noch-Traum-Logik erzählt. Doch dann gerät das Gedächtnis des Schlafforschers selbst aus dem Gleichgewicht…

Einmal mehr erweist sich Jochen Schimmang als Meister einer nonchalanten Melancholie, als hintersinniger Chronist der Geschichte, deren teilnehmender Beobachter er ist.

Jochen Schimmang, geboren 1948, studierte Politische Wissenschaften und Philosophie und lehrte an Universitäten und in der Erwachsenenbildung. Er ist freier Schriftsteller und Übersetzer und lebt in Oldenburg. Für sein umfassendes Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 2019 den Walter Kempowski Preis für biografische Literatur des Landes Niedersachsen und 2021 den Italo-Svevo-Preis für sein Lebenswerk.

Thomas Schaefer, geboren 1959, lebt in Göttingen, schreibt als Autor und Literaturkritiker u. a. für taz, Titanic, Eulenspiegel und konkret.